Rundmail: "Ich lasse meine Hüllen fallen"

 

 

14.12.2015

 

Die folgende Rundmail schickte ich heute an den Verteiler meiner "allgemeinen Rundmail":

 

Liebe Freunde,

 

heute Morgen habe ich einen deutlichen Schritt in mir gespürt, den ich in der Betreffzeile mit der Aussage “Ich lasse meine Hüllen fallen” umschreibe. Ausschlaggebend war, dass am Freitag bereits die gedruckten Exemplare meines neuen Buches “Die Kriegs-Trance” (ausführliche Leseprobe: www.in-resonanz.net/Die_Kriegs-Trance.html) in Karlsruhe angekommen sind und Jacqueline die Möglichkeit hatte, am Samstag in einem Workshop in Karlsruhe die ersten Exemplare zu verkaufen. Heute morgen hat sie mir erzählt, dass keiner das Buch gekauft hat. Es waren zwar auch nicht viele Teilnehmer anwesend und der Nicht-Verkauf muss nicht wirklich etwas bedeuten. Aber trotzdem hat ihre Erzählung bei mir nun den nächsten Schritt ausgelöst. Mein Gehirn / mein Gefühl hat wohl diese Situation genutzt, um in mir eine neue Energie frei zu legen, die ich all die Jahre hinten angestellt hatte.
Es ist, wie wenn eine Kleinigkeit nun eine große Welle in mir ausgelöst hat.
Diesen Moment konnte ich nicht vorausfühlen – aber ich habe trotzdem in den letzten Wochen darauf gewartet. Ich wusste nicht genau, worauf ich warte, und ich wusste auch nicht, wann das, worauf ich warte, eintreten wird.
Dieser kleine Bericht von Jacqueline hat schon genügt.
Dazu kam, dass nach meiner letzten Rundmail sich nur ca. 20 Leute für das Buch konkret interessiert haben.

 

Was war in den letzten Jahren? Und was ist jetzt? Wieso lasse ich welche Hüllen fallen?

 

Das erste Mal in meinem Leben spielt es für mich nun keine Rolle mehr, wie wohl andere Menschen auf mich reagieren werden. Das Fallenlassen meiner Hüllen wird garantiert dazu führen, dass einige sagen werden: “Na endlich kommt er mal auf den Punkt! Das hatte ich schon immer gespürt, dass Olaf nicht alles sagt.” Andere werden begeistert über das sein, was ich gleich unten schreiben werde, und wieder andere werden sich von mir abwenden, werden mich für verrückt und unrealistisch und größenwahnsinnig halten oder werden sagen, dass sie schon immer geahnt hatten, dass ich nicht wirklich ernst zu nehmen bin. Dabei muss ich gerade an das neue Buch von Veit Lindau denken: “Werde ver-rückt!”
Ja – das werde ich jetzt. Besser: Das war ich schon immer, nur jetzt wird es wahrscheinlich offensichtlich...

 

Seitdem ich im Jahr 1996 aus gutem Grund davon überzeugt war (und immer noch überzeugt bin), die “Weltformel” gefunden zu haben (siehe mein erstes Buch: “So, jetzt ist aber genug! – Die Geburt einer Weltformel”), gab es auch immer eine Seite in mir, die mich selbst gebremst hat und gesagt hat:
“Das darfst du nicht von dir behaupten. Du musst es immer relativieren und anderen Menschen die Freiheit lassen, es auch anders zu sehen. Du hast keinen Beweis dafür, was du schreibst. Du musst es immer offen lassen – und die anderen Menschen müssen selbst darauf kommen, es selbst entdecken!”
In den Freien Systemischen Aufstellungen ist diese Regelung ganz wichtig: Jeder aufstellende Teilnehmer hat bei uns die Chefrolle, bestimmt selbst, was er mit seiner Aufstellung tun möchte und was er für sich selbst als Wahrheit nimmt und was nicht.
Dementsprechend hatte ich auch immer eine Wertung gegenüber Menschen, die ihre eigenen Sichtweisen dogmatisch als “Wahrheit” verkauft haben.
Aber mein gesamtes Leben drängelt mich selbst immer mehr dahin, meine Erkenntnisse und Überzeugungen als “allumfassende Wahrheit” zu empfinden. (Und ich bin mir sehr wohl bewusst, wie viele jetzt hier mit Widerstand reagieren und sagen: "Nö. Olafs Wahrheit ist seine Wahrheit. Und ich habe meine eigene Wahrheit.")
Gleichzeitig bleibe ich mir immer bewusst, wie “relativ” meine Wahrheit ist – und doch ... meine innere Überzeugung wurde in den letzten Jahren immer stärker und immer stärker. Vollkommen unabhängig davon, ob andere Menschen meine Überzeugungen geteilt haben oder ihr Interesse an meinen Sichtweisen verloren haben.

 

Meine innere Brems-Stimme sagte: “Die Menschen sollen selbst entdecken, ob das, was du schreibst, für sie stimmig ist. Sie sollen selbst fühlen können, wie schlüssig deine Sichtweisen sind. Halte dich zurück. Schreibe authentisch auf, was du erkannt hast – aber belasse es dabei und lasse es die Menschen selbst entdecken. Versuche niemanden zu überzeugen, denn das schreckt sowieso ab ...”
Was ich aber seit Jahren erlebe: Viele Menschen kommen nicht allein auf das, was ich in den vielen Jahren emotional “ausgegraben” habe. Und ich habe nicht das Gefühl, dass ich nur eine individuelle Sichtweise ausgegraben habe, sondern etwas Fundamentales – was uns ALLE betrifft. Wirklich ALLE! Auch diejenigen, die hier sagen werden: “hmmm ... spricht mich nicht an, was er schreibt.”

 

Durch die aktuellen Entwicklungen lasse ich nun diese innere Bremse los.
Mir ist zutiefst bewusst, dass jeder Mensch selbst entscheidet, was für ihn stimmig ist und was nicht. Das verliere ich nicht. Aber dieses Bewusstsein lebe ich nun nicht mehr selbst aus und bremse mich. Sondern ich lasse die Verantwortung dafür bei jedem Menschen und erlaube mir nun, meine komplette Überzeugung auf das Tablett zu legen, ohne selbst noch zu relativieren. Die Zeit, mich permanent zu bremsen, ist nun vorbei.

 

Die erste Hülle, die ich fallen lasse, beschreibe ich wie folgt:
Mich hat ein Teilnehmer eines Aufstellungsworkshops (Jayan) am Wochenende in Köln gefragt, was denn meine Motivation sei, meine Sichtweisen in die Welt zu bringen. Was möchte ich der Welt geben? Was möchte ich beitragen?
Und ich beobachtete, wie in meinem Gefühl eine Unstimmigkeit aufstieg. Er formulierte seine Frage eigentlich “normal” – aber ich konnte darauf nicht “normal” antworten. Ich erlebte mich, wie ich zuerst sagte, dass ich keine Motivation hätte.

Aber warum schreibe ich dann Bücher? Und jetzt diese E-Mail? Ich musste nach dem Gespräch weiter über diese Frage nachdenken und dann wurde mir klar, was mit mir los ist, warum ich schreibe, Aufstellungen anbiete und auch diese E-Mail schreibe (Danke Jayan, dass du mir diese Frage gestellt hast!).
Meine Motivation ist nicht, der “Welt irgendetwas zu geben”. Sondern es ist, als ob ich bereits als Kind etwas “gemerkt” habe. Konkret natürlich zunächst auf meine Eltern bezogen. Ich hatte gemerkt, dass meine Mutter sich getäuscht hat und etwas nicht merkt und ich versuchte nun, sie auf etwas aufmerksam zu machen – ganz automatisch. Das allerbeste Beispiel: Als ich das Fahrradfahren lernte, fuhr ich zunächst mit Stützrädern. Irgendwann jedoch sollte ich den nächsten Schritt machen und ohne Stützräder fahren. Meine Mutter montierte sie ab, setzte mich auf das kleine Fahrrad und hielt mich und das Fahrrad von der Seite fest. Während sie nun neben mir her lief und das Fahrrad mit beiden Händen am Sattel und am Lenker festhielt, sollte ich nun mit ihr zusammen das selbstständige Fahren lernen. Dabei merkte sie nicht, dass das Fahrrad und ich durch ihr Festhalten in einer Schieflage waren. Ich konnte auf diese Weise unmöglich selbst ein Gleichgewicht finden. Ich rief: “Du hältst schief!” – aber meine Mutter reagierte mit Unverständnis und sagte: “Stell dich nicht so an!”
Erst als ein Nachbar uns beobachtete, meine Rufe hörte und meiner Mutter sagte, dass sie tatsächlich das Fahrrad und mich schief hielt, korrigierte sie ihre Haltung. Es gab viele weitere Situationen, in denen ich fühlte, dass meine Eltern mich “ungerecht” behandelten, weil sie mich nicht wirklich verstanden hatten oder die Situation nicht komplett überschauen konnten, sondern sich in etwas “geirrt” hatten.
Einige mögen nun denken, dass ich in diesem Trauma stecken geblieben bin und nun heute noch der Welt mitteilen möchte, dass sie “schief” ist - und ich in "Wirklichkeit" meine Mutter in die Welt projiziere.

Was ich aber mit diesem Beispiel “eigentlich” erklären möchte, ist meine Motivation. Meine Motivation ist, dass ich in einer Welt lebe, in der ich permanent spüre, dass die Menschen “schief” denken und fühlen. Dass etwas nicht stimmt.
Doch wenn ich laut rufe: “Es stimmt etwas nicht!!” – dann fühlt sich kaum jemand angesprochen. Und vor allem weiß auch niemand, was ich denn eigentlich meine. Also blieb mir all die Jahre nichts anderes übrig, als tief in meinem Gefühl zu forschen, was denn hier in dieser Welt nicht stimmt, damit ich es endlich selbst in Worte fassen kann und dadurch endlich die anderen Menschen darauf aufmerksam machen kann, was hier nicht stimmt.

 

Jeder von uns hat diesen Drang. Sobald er merkt, dass etwas nicht stimmt, fühlt er sich automatisch dahin gezogen, hier etwas korrigieren zu wollen. Wenn mich z. B. jemand fragt: “Na, Olaf? Wie fühlst du dich so als Frau?” Dann müsste ich zu allererst korrigieren: “Äh ... aber ich bin doch keine Frau! Ich bin doch ein Mann! Ich kann dir deine Frage nicht beantworten, weil die Grundvoraussetzung deiner Frage nicht stimmt!”
Ich bringe auch oft gerne das Beispiel mit dem Kaspertheater und den vielen Kindern, die zuschauen. Meistens kommuniziert der Kasper mit den Kindern “Seid Ihr alle da?” – “Jaaaa!”
Und wenn dann sich von hinten ein Krokodil anschleicht und den Kasper beißen will und der Kasper merkt es nicht, dann schreien die Kinder laut und wollen dadurch den Kasper warnen.
Dieser Drang, etwas zu korrigieren, was man gerade als unstimmig wahrnimmt, oder jemanden spontan zu warnen, ist etwas vollkommen Natürliches bei uns Menschen. Und genau dieser Drang ist es, der mich schon viele viele Jahre lang antreibt.
Wenn mich jemand fragen würde: Olaf, was würdest du am liebsten machen? Was möchtest du in dieser Welt “beitragen”?
Dann wäre meine Antwort: “Musik!”
Ich würde am liebsten ganz ganz viel tolle Musik machen. Selbst komponieren, Klavier üben, Chöre leiten, große Projekte verwirklichen, Filmmusiken machen etc. Aber ich komme nicht dazu, weil mich seit Jahren dieser Drang steuert, der Welt bewusst zu machen, was hier bei uns allen nicht stimmt!

Dieser Drang hat mich in den Dienst genommen – so empfinde ich es.

Ich kann auch nicht einfach sagen, dass mir die Welt egal ist und ich den Drang loslasse und mich nun einfach auf meine Musik konzentriere, denn überall, wo ich bin, merke ich, dass hier etwas nicht stimmt - auch beim Musikmachen mit anderen Menschen. Das ging mir damals als Dirigent schon so - und hat dementsprechend meine Arbeit "behindert" - so war mein Gefühl.
Dabei gibt es in mir kein "Ego", das größenwahnsinnig ist oder das die Aufmerksamkeit genießt. Sondern es gibt einen Anteil in mir, der die Irrtümer wahrnimmt und laut ruft: “Leute! Hier stimmt etwas nicht!!” Und natürlich will ich große Aufmerksamkeit – aber nicht auf meine Person, sondern auf das, was hier nicht stimmt!

Ich fühle mich durch meine Wahrnehmung "verpflichtet", darauf aufmerksam zu machen, solange es niemand anderes tut.
Und wenn die Leute das verstanden haben und mein Ruf angekommen ist, könnte ich loslassen und mich endlich der Musik widmen.
Jetzt kann ich auch endlich auf den Punkt bringen, was es ist! Was nicht stimmt! Mein Buch “Die Kriegs-Trance” ist das Werk, das meinen Drang komplett in Worte fasst. Deswegen lasse ich auch nun – wo ich den ersten kleinen Erfahrungen von Nicht-Resonanz begegne – an dieser Stelle meine Hüllen fallen. Es ist wieder dieses Gefühl wie bei meinem ersten Buch: “So, jetzt ist aber genug! – Jetzt reicht es! – Jetzt bremse ich mich nicht weiter!”

 

Die zweite Hülle, die ich fallen lasse, ist folgende:
Ich bin tatsächlich komplett davon überzeugt, dass ich nun formulieren kann, was mit uns allen nicht stimmt.
Wenn wir Kinder beobachten, die relativ frei aufwachsen, dann stimmt am Anfang noch alles mit ihnen. Wir freuen uns, wie früh sie zu sprechen beginnen, und wir sind erstaunt darüber, wie aus manchen Kindern schon sehr “schlaue” Sätze herauskommen. Die Kinder wirken selbstsicher, frei, offen, lustig und sind überzeugt von dem, was sie sagen – und wenn sie einen Schmerz erfahren, dann weinen sie aus tiefstem Herzen darüber. Wenn dann diese freien Kinder miteinander spielen, dann integrieren sie sich dabei gegenseitig und binden ihre individuellen Ziele gegenseitig in ihre eigenen Fantasien mit ein, erweitern ihre eigenen Ziele und schauen, was man letztendlich gemeinsam auf die Beine stellen kann. Wirklich freie offene Kinder streiten nicht miteinander. Sondern sie sind gemeinsam äußerst kreativ und spielen alle möglichen Fantasiespiele. Hier ist noch alles gut. Hier stimmt noch alles. Das ist unsere menschliche Natur. So, wie diese Kinder sind, wäre unsere Gesellschaft “richtig”. Wenn sich alle Erwachsenen auch weiterhin genauso wie diese Kinder verhalten würden, dann müsste ich nicht so viele Bücher schreiben, müsste diese E-Mail nicht schreiben, müsste nicht daran arbeiten, die Freien Systemischen Aufstellungen in die Welt zu bringen, sondern ich könnte mich in Ruhe der Musik widmen. Ich müsste nicht mehr rufen “Hier stimmt etwas nicht!”
Wir alle wissen aber und können es bei JEDEM Kind beobachten, dass es irgendwann beim Heranreifen aufhört, auf schmerzhafte Erlebnisse mit Tränen zu reagieren. Wenn größere Kinder erleben, dass sich Erwachsene streng oder mit Distanz verhalten, dann brechen sie nicht mehr in Tränen aus, sondern sie fühlen “nur noch” Stress und ziehen sich daraufhin zurück oder rebellieren. HIER beginnt es! Unser gesellschaftliches Problem! Unsere Kriegs-Trance!
Indem wir unsere Tränen nicht wirklich als wichtigen Verarbeitungsprozess ernst nehmen, beginnen wir Menschen, uns zu verschließen. Und ab da nehmen wir auch vieles andere nicht mehr ernst. Ab da läuft alles schief und es wachsen die Konflikte miteinander, weil wir nicht mehr innerlich von unseren eigenen Zielen loslassen können. Uns nicht mehr emotional verabschieden können. Nicht mehr weinen können. Wir sind nicht mehr im Fluss. Wir wollen unsere emotionalen Schmerzen vermeiden, anstatt sie zu verarbeiten. Und deswegen können wir uns auch nicht mehr richtig für andere Menschen öffnen, können nicht mehr volles Mitgefühl mit jedem Menschen haben, leben in einer Kriegs-Trance. HIER entsteht Krieg und Terrorismus – und wenn es nur der kleine Terrorismus in unserer Gesellschaft ist, wo wir uns gegenseitig mobben oder bekämpfen oder kritisieren oder uns Vorwürfe machen oder uns voneinander abwenden oder uns ausschließen oder Angst voreinander haben.
Dieser Gesellschaftsschock entsteht genau in dem Moment, in dem ein heranwachsendes Kind nicht mehr über die Distanz von Erwachsenen oder über andere Schmerzerlebnisse weint und sie damit verarbeitet, sondern sich stattdessen innerlich zurückzieht oder dagegen zu kämpfen beginnt. Diese Schmerzerlebnisse bleiben unverarbeitet und wirken als “Bad End” (Gegenteil zu “Happy End”) im Leben des erwachsen gewordenen Kindes weiter.
Wir sehen es, wenn ein Mensch, der in der Therapie eine Lösung erfährt oder einen verständnisvollen Zuhörer für die schmerzvollen Geschichten findet, (wieder) in Tränen ausbricht. Da kommt wieder etwas in Fluss ...

 

(Nächste Hülle, die fällt: )
Das ist es, was mich seit Jahren schreiben lässt! Und ich habe das Gefühl, (jetzt kommt´s – meine Verrücktheit: ) dass ich der allererste Mensch bin, der es so auf den Punkt bringt. Niemand sieht und erkennt es so, wie ich es jetzt formulieren durfte – nicht einmal die “erleuchteten” Menschen, die die Gnade einer allumfassenden Erkenntnis hatten, wie z. B. Eckhart Tolle. Auch bei ihnen spielt der tränenreiche und komplett natürliche Verarbeitungsprozess keine Rolle. Sie kommunizieren immer nur ihre Ergebnisse – über ihre Erkenntnisse nach der Erleuchtung – und sie reden, dass wir schon immer alle erleuchtet sind und es keinen “Weg” dorthin gibt (ich habe aber nicht alle Bücher ausführlich studiert und weiß nicht wirklich, ob sie nirgendswo darüber schreiben – habe nur das Gefühl).
Aber keiner kann wirklich auf den Punkt bringen, was mit uns allen nicht stimmt und warum es nicht stimmt. Ich behaupte, ich habe es jetzt endlich auf den Punkt gebracht. Ich bin tiefer in die menschliche Seele und damit in die Seele unserer Gesellschaft vorgedrungen, als je ein Mensch zuvor.
Es gibt einige Menschen, die meine Sichtweise schon so ähnlich formuliert haben. Z. B. schreibt der Schweizer Psychoanalytiker Arno Gruen (inzwischen verstorben), dass der “Gehorsam” uns bremst und uns unsere Empathie nimmt, und dass uns Kreativität wieder befreien würde. Doch er ordnet es nicht unseren Tränen, unseren Schmerzverarbeitungsprozessen zu. Es gibt viele andere Menschen, die auch wissen, dass wir schmerzliche Erlebnisse aus der Kindheit verarbeiten müssen. Die Psychologie ist voll davon. Aber niemand erkennt den KERN dieser Tatsache, dass es schon dort beginnt, wo Kinder beim Heranwachsen aufhören zu weinen. Und niemand sieht die allumfassende Auswirkung auf unsere menschliche Gesellschaft.
Ich bin mir zutiefst bewusst, dass ich mich durch diese Aussagen in der Pyramide ganz nach oben stelle. Mich “drüberstelle” – über alle anderen Menschen. Was gibt mir dieses Sonderrecht? Nichts. Deswegen habe ich das in mir auch all die Jahre gebremst – doch es ist trotzdem meine tiefste Erfahrung mit mir selbst und meine tiefste Überzeugung, die ich ab sofort nun vollständig lebe und wo ich auch bereit bin, mit allen Folgen zu leben. Ich drücke sie jetzt aus – und bin auch offen dafür, dass ich mich irre. Ich bin sogar sehr offen dafür, dass ich mich irre. Es wäre toll, wenn schon woanders Menschen diesen Zusammenhang sehen und beschreiben. Doch bisher habe ich es noch nicht erfahren dürfen. Ich beobachte mein Umfeld, lese Bücher, sehe Filme, beobachte Beiträge im Internet – doch das Gefühl, dass ich durch meine eigenen zahlreichen Schmerzverarbeitungsprozesse tiefer in die menschliche Seele vorgedrungen bin, als alles, was ich in meinem Umfeld wahrnehme, ist geblieben ...
Auch, wenn ich hier geschrieben habe, dass “ich der allererste Mensch bin”, geht es mir überhaupt nicht um meine Person. Ich will damit aussagen, wie grundlegend und wichtig meine Erkenntnisse sind. Ich will auf meine Sichtweisen und Erkenntnisse über unseren menschlichen Entwicklungsprozess hindeuten. Und es genügt mir, wenn die Menschen sich mit diesen Sichtweisen meiner Suche auseinandersetzen – und nicht mit meiner Person. Die darf gerne in den Hintergrund rücken.
Was ich (im übertragenen Sinne) will ist, dass meine Mutter erkennt, dass sie mein Fahrrad schräg hält, damit ich endlich gerade fahren darf und mein Potenzial weiter entfalten darf.
Was ich also will ist, dass diese Gesellschaft erkennt, dass hier überall etwas nicht stimmt und dass es daran liegt, dass wir uns abgewöhnt haben, unsere natürlichen emotionalen Verarbeitungsprozesse von schmerzhaften Erlebnissen fließen zu lassen. Ich will, dass unsere Gesellschaft dies erkennt, damit ich endlich innerhalb dieser Gesellschaft glücklich fühlen und mein Potenzial weiter entfalten darf – und nicht immer wieder mich von Menschen gebremst fühle, die aus einer Kriegs-Trance heraus agieren, weil sie in sich selbst nicht mit ihren ungelösten Themen in Berührung kommen wollen. Ich will mit diesen Menschen “feiern” und nicht “diskutieren” oder “streiten” oder “Distanz leben”. Überall, wo Menschen sich streiten, wo Menschen kämpfen, wo sie sich gegenseitig abwerten, wo sie sich voreinander zurückziehen, dort stecken emotionale unverarbeitete Schmerzen dahinter. Und das nur, weil wir in dieser Gesellschaft davon überzeugt sind, wir sollten bei schmerzlichen Erlebnissen “tapfer” bleiben, sollen “stark” bleiben – und sollten nicht die Schwäche der Tränen zulassen. Dabei ist gerade dieses Schwächegefühl bei Tränen absolut wichtig, um die gesamte Körper-Energie für den emotionalen Verarbeitungsprozess zur Verfügung zu haben. Und wenn man alles verarbeitet hat, dann hat man auch seine gesamte Energie wieder zur Verfügung und kann fröhlich weiterleben und weiterspielen – wie wir es bei Kindern erleben. Schon in der Bibel steht: “Wer mit Tränen sät, wird mit Freuden ernten.” Ich kann diese Aussage aus meiner Erfahrung nur bestätigen! Aus ganzem Herzen!

 

Sarah Wagenknecht (Politikerin) hat in einer interessanten Rede im Bundestag gesagt, dass Bomben auf Terroristen ebenso Terrorismus seien. Doch sie hat dabei nicht wahrgenommen, dass Sie es in einem angreifenden Tonfall gegen die Koalition gesagt hat und damit ebenso gerade emotionale Bomben während ihrer Rede abgeworfen hat. Wir Menschen kommen aus diesem Kriegs-Trance-Kreislauf nicht raus – es sei denn, wir verarbeiten unsere schmerzlichen Erlebnisse – wie die Kinder es spontan und natürlich tun.

 

Es gibt keine wirkliche “traumatische Situation” im Leben eines Menschen. Ein Trauma entsteht erst, wenn wir ein Schmerzerlebnis nicht anschließend verarbeiten und es dadurch nicht in ein größeres Ganzes integrieren können.
JEDE Erfahrung macht uns reicher. Wir müssen sie “nur” entsprechend verarbeiten! Jedes Mal!
Ein Schmerzerlebnis ist verarbeitet, wenn man daran denken kann und sich dabei gut und geheilt fühlt (NICHT zu verwechseln mit “gleichgültig”!!).

 

Ich würde mich sehr freuen, wenn Ihr auch alle den Drang habt, diese Klarheit zu verbreiten. Dabei muss niemand mein Buch kaufen, mir geht es nicht vorrangig um´s Geld – es genügt auch, die Leseprobe (ca. 100 Seiten) zu lesen. Ich habe bewusst den Kern meiner Erkenntnisse in dieser Leseprobe versammelt. Ihr dürft gerne die PDF kostenlos und folgenlos aus dem Internet herunterladen und an Freunde und Bekannte verteilen. Vielleicht sogar auch diese E-Mail hier.
Hier noch einmal der Link zur Leseprobe: www.in-resonanz.net/Die_Kriegs-Trance.html

 

Natürlich bin ich in meinen Erkenntnissen und in meiner Entwicklung nicht am End-Punkt angelangt. Denn wenn wir das, was ich eben geschrieben habe, in unserer Gesellschaft realisiert haben, dann beginnt erst das “wirkliche” Leben – voller reicher Verarbeitungsprozesse und neuer Erkenntnisse und Erfahrungen. Erst wenn wir die Tränen wieder vollständig in unser alltägliches Leben integrieren, “wachsen” wir auch wieder, wie die Kinder wachsen (Bibel: “Werdet wie die Kinder!”). Und wir befreien wieder unser Mitgefühl füreinander. Diese ewigen sich um sich selbst drehenden Karussells beenden sich – und stattdessen spüren wir wieder, wie wir wachsen und vorankommen in unserem Leben und unsere Potenziale endlich ungebremst Schritt für Schritt entfalten – bis ins hohe Alter. Wenn ich das in unserer Gesellschaft miterleben darf, wie wir uns alle immer mehr öffnen und aus der Kriegs-Trance aufwachen und Mitgefühl und Verständnis füreinander haben können, dann wird es mich immer wieder neu tief berühren und nachträgliche Verarbeitungsprozesse in mir anregen – bezogen auf die Zeit, in der das noch nicht so war.

 

Ganz liebe Grüße an Euch alle!

Olaf

 

 

 

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